Biofunktionalisierung mit Laserstrahlung

Themenbroschüre Biofunktionalisierung mit Laserstrahlung
Themenbroschüre Biofunktionalisierung mit Laserstrahlung

Laserverfahren sind aufgrund ihrer hohen Präzision und Flexibilität in der Kleinserienfertigung zur Herstellung und Bearbeitung von Produkten aus dem biomedizinischen Bereich besonders geeignet. Durch Lasermaterialbearbeitung lassen sich Oberflächen gezielt funktionalisieren und so für medizintechnische Anwendungen vorbereiten. Am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT erarbeiten Experten verschiedene Verfahren für den Einsatz in der Biomedizintechnik.

Mit hochbrillanten Faserlasern können Kunststoffteile für Katheter und mikrofluidische Komponenten ohne Degradation und unter sterilen Bedingungen gefügt werden. Für Dosiersysteme und miniaturisierte Medikamentendepots können mit Kurzpulslasern Poren mit Abmessungen von einigen Mikro- bis Millimetern sowohl in weichen und flexiblen Materialien wie Polymeren als auch in sprödharten Materialien wie Keramiken erzeugt werden.

Weiterhin lassen sich mit Strukturierungs- und Abformprozessen Komponenten für die minimal-invasive Chirurgie und Diagnostik herstellen, die an biologische Grundprinzipien wie z. B. Tasthaare bei Insekten angelehnt sind (Biomimetik). So können nach außen gerichtete, fadenförmige Strukturen durch Abguss einer lasergenerierten Form mit hohem Aspektverhältnis erzeugt werden. Durch gezielte photochemische Funktionalisierung lassen sich die Benetzungseigenschaften sowie die Zelladhäsionseigenschaften von Oberflächen kontrollieren.

Oberflächenfunktionalisierung durch Laserabtrag

Die Zellen unseres Körpers organisieren sich durch spezifische biologische Stimuli zu Geweben. Zur gezielten Beeinflussung des Zellwachstums unter Laborbedingungen (in vitro) untersuchen unsere Experten mechanische, topografische und molekulare Reize, die durch verschiedene laserbasierte Modifizierungsschritte auf künstlichen Oberflächen ortselektiv realisiert werden können. Mikro- und Nanostrukturen verändern die Rauheit und Benetzbarkeit, wodurch Zelladhäsion und Proliferation beeinflusst werden. Damit können Leitstrukturen geschaffen werden, die ein gerichtetes Zellwachstum begünstigen. Insbesondere Nanorillen, welche durch Interferenzstrukturierung hergestellt werden können, bewirken eine Änderung in der Verteilung der fokalen Adhäsionsstellen der Zelle und beeinflussen unter anderem komplexe Mechanismen wie die Zellproliferation und -differenzierung.

Funktionalisierung durch Photoimmobilisierung

Eine weitere Möglichkeit ist die selektive photochemische Funktionalisierung von Oberflächen durch Laserstrahlung. Hierbei wird die Oberfläche durch Photooxidation aktiviert. Die entstehenden Ankergruppen können zur kovalenten Immobilisierung von bioaktiven Molekülen wie Peptiden, Proteinen oder Wachstumsfaktoren genutzt werden. Dieses Verfahren ermöglicht auch die Erzeugung von Gradienten bestimmter Biomoleküle, die das Einwachsen von Zellen gezielt steuern sollen. Ebenso können photoaktivierbare Moleküle, so genannte Photolinker, dazu genutzt werden, selektiv in bestrahlten Zonen an Polymeroberflächen anzubinden und für die weitere Funktionalisierung mit bioaktiven Verbindungen zur Verfügung zu stehen. Eine mögliche Anwendung dieser Technik ist die Entwicklung eines neuartigen, künstlichen Bauchdeckenersatzes. Dieser wird selektiv mit unterschiedlichen Wachstumsfaktoren modifiziert, um zum einen gut in das Gewebe einzuwachsen und zum anderen nicht mit Organen zu verwachsen.

Photofreisetzung von Wirkstoffen

Zu den Photolinkern gehören auch die photospaltbaren Linker. Diese speziellen Ankergruppen sind mit Licht geeigneter Wellenlängen spaltbar. Moleküle, die durch einen solchen Linker immobilisiert sind, lassen sich gezielt freisetzen. Die zeitlich und örtlich steuerbare Freisetzung von Wirkstoffen – das Drug Delivery – ist Gegenstand intensiver Forschung. Für viele Bereiche der Medizin stellt die Entwicklung bioaktiver Medizinprodukte einen vielversprechenden Therapieansatz dar. Beispielsweise wird für die Tumorreduktion ein Photofreisetzungssystem entwickelt, das durch selektive Laserbestrahlung die bedarfsgerechte Dosierung eines Chemotherapeutikums aus maßgeschneiderten Polymerscaffolds ermöglicht.

Fertigungsverfahren für Weichgewebeimplantate

Neben der Oberflächenfunktionalisierung durch Abtrag und photochemische Funktionalisierung von Implantatoberflächen können funktionelle Gerüste auch generativ hergestellt werden. Anwendungen sind beispielsweise der Aufbau von Scaffolds für die Geweberegeneration. Dabei sind personalisierte Implantate, die auf Basis künstlicher Scaffolds durch in vitro Besiedelung mit patienteneigenen Zellen erzeugt werden, ein erfolgversprechender Ansatz. Hierfür entwickeln Wissenschaftler des Fraunhofer ILT Laserpolymerisationsverfahren zur Herstellung von Stützstrukturen und künstlichen Gefäßsystemen für die anschließende Zellbesiedelung aus biokompatiblen und bioabbaubaren Polymeren.