Laserstrahlbohren

Laserstrahlbohren
Themenbroschüre Laserstrahlungbohren

Mit Laserstrahlung können Bohrungen mit Durchmesser n von unter einem Mikrometer bis zu mehreren Millimeter n bei gleichzeitig großen Bohrtiefen gefertigt werden. Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT entwickelt verschiedene Bohrverfahren von den Grundlagen bis hin zur Implementierung in Anlagen zur industriellen Umsetzung. Anwendungsgebiete für Laserbohrungen sind zum Beispiel Einspritzdüsen, Entlüftungsbohrungen, Kühlluftbohrungen sowie Kontaktierungsboh rungen oder Filterbohrungen.

Das Verfahren

Bohrungen mit Durchmessern von ca. einem Mikrometer bis zu mehreren Millimetern werden in Abhängigkeit von der Bauteildicke sowie der geforderten Qualität (Präzision) und Produktivität (Bohrdauer) mittels Einzelpulsbohren, Perkussionsbohren, Trepanieren oder Wendelbohren in das Werkstück eingebracht. Die folgende Tabelle zeigt die Abgrenzung der einzelnen Bohrverfahren bzgl. Durchmesser, Bohrungstiefe und Bohrdauer.

  Durchmeter Tiefe Dauer
Einzelpulsbohren 40-700 μm < 2 mm < 1 ms
Perkussionsbohren 50-700 μm < 20 mm 0.1-20 s
  1-50 μm < 1 mm < 1 ms
Trepanieren 0.3-10 mm < 10 mm 1-20 s
Wendelbohren 10-200 μm < 2 mm > 10 s

Das Einzelpulsbohren kann »on-the-fly« erfolgen, sodass bis zu 300 Bohrungen pro Sekunde mit einem Durchmesser von beispielsweise 60 μm in 1 mm Blechstärke erreicht werden. Das Perkussionsbohren nutzt eine Serie an Pulsen an der gleichen Position, um tiefere Bohrungen zu erreichen. Je nach verwendeter Laserstrahlquelle lassen sich hier unterschiedliche Bohrungsdurchmesser und Bohrtiefen erreichen.

Bei Bohrungsdurchmessern größer als etwa 300 μm kommt das Trepanieren zum Einsatz, bei dem über eine Relativbewegung zwischen Werkstück und Laserstrahlung die Bohrung ausgeschnitten wird. Bohrungen mit großer Präzision bezüglich der Geometrie sowie hoher metallurgischer Qualität lassen sich mittels Wendelbohren erzielen. 

Das Laserstrahlbohren stellt eine Alternative zu Verfahren wie Elektronenstrahlbohren, Funkenerodieren, elektrochemischem Bohren sowie Ultraschallbohren dar. Das »Werkzeug Licht« wird bevorzugt verwendet, wenn Bohrungen mit Durchmessern von ca. 1–500 μm bei großen Aspektverhältnissen (> 1:20) unter erschwerten Bedingungen, wie beispielsweise unter einem großen Neigungswinkel zur Werkstückoberfläche oder in Werkstoffe mit großer Härte (z. B. Nickelbasislegierungen) erforderlich sind. Herausforderungen bestehen in der Minimierung von Schmelzschichten sowie der Oberflächenverschmutzung.

Physikalische Prozessgrundlagen

Laserbohrverfahren lassen sich in schmelz- und verdampfungsdominierte Verfahren unterteilen. Bei Pulsdauern im Bereich von Mikro- bis Millisekunden wird das Material durch die Laserstrahlung größtenteils aufgeschmolzen und nur ein kleiner Teil verdampft. Durch den entstehenden Dampfdruck wird die Schmelze aus der Bohrung ausgetrieben. Dieses Bohrverfahren ermöglicht eine große Produktivität, die an den Bohrungswänden zurückbleibende Schmelze reduziert allerdings die Präzision der Bohrung und kann Risse im Material verursachen. Bei Pulsdauern kleiner 10 ps verdampft das Material vollständig und der Wärmeeintrag in das Werkstück ist minimal. Mit einer entsprechenden Systemtechnik können so zylindrische und konische Bohrungen mit hoher Präzision und hohem Aspektverhältnis ohne Erzeugung von Materialdefekten hergestellt werden.

Anwendungsmöglichkeiten

Aufgrund der hohen Intensität der gepulsten Laserstrahlung lassen sich nahezu alle Werkstoffe wie Metalle, Keramiken, Halbleiter, CFK, Kunststoffe sowie Mehrschichtsysteme aus diesen Werkstoffen mit großer Präzision bohren. Einsatzfelder sind beispielsweise die Herstellung von Kühlluftbohrungen in Turbinenkomponenten wie Schaufeln oder Brennkammern, Bohrungen für Kraftstofffilter oder Einspritzdüsen sowie Entlüftungsbohrungen in Spritzgussformen für den Werkzeugbau.

Anlagen- und Systemtechnik

Neben den prozesstechnischen Arbeiten werden am Fraunhofer ILT die für eine industrielle Umsetzung der Bohrverfahren erforderlichen Anlagen entwickelt. Dies umfasst die Entwicklung spezieller Wendelbohroptiken mit schneller Ablenkung der Laserstrahlung ebenso wie die Integration von Bohrprozessen in automatisierte Fertigungsanlagen.

Ausstattung

Für das Bohren mit Laserstrahlung verfügt das Fraunhofer ILT über eine Vielzahl moderner Lasersysteme. Dazu zählen:

  • Langpulslaser (Pulsdauern μs–ms) wie z. B. IPG Singlemode und Multimode-Faserlaser bis 20 kW Pulsspitzenleistung
  • Kurzpulslaser (Pulsdauern ns–μs) wie z. B. Edgewave Doppelpulslaser mit 2 x 40 W mittlerer Leistung, Pulsdauer 2–10 ns bei 50 kHz
  • Ultrakurzpulslaser (Pulsdauern fs–ps) wie z. B. Amphos, Edgewave und Trumpf-Laser mit bis zu 400 W mittlerer Leistung, Pulsdauer 900 fs–20 ps
  • Optische Strahlformung und Bohroptiken mit Fokussierbrennweiten von 70–300 mm, Wendelbohroptiken sowie verschiedene Scannersysteme
  • 3-Achs- und 5-Achs-Bearbeitungsanlagen, z. B. von Aerotech
  • Sensoren wie Kameras, Triangulationssensoren, OCT zum Prozessmonitoring und zur Prozessregelung
  • Analysegeräte wie diverse Lichtmikroskope, REM, EDX, UV-NIR und FT-IR Spektroskopie und weitere