Photonische Quantentechnologien – Wegweisende Impulse aus dem Rheinischen Revier

Kryostat des Quantencomputers am Forschungszentrum Jülich.
© Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau.
Kryostat des Quantencomputers am Forschungszentrum Jülich.
Laborprototyp für einen rauscharmen Quantenfrequenzkonverter.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Laborprototyp für einen rauscharmen Quantenfrequenzkonverter.

Am 7.3.2022 fiel der Startschuss für das von der Landesregierung NRW initiierte Kompetenznetzwerk »EIN Quantum NRW«. Darin bündeln führende Universitäten und Forschungseinrichtungen des Landes NRW ihre exzellente Expertise zur Erforschung und Umsetzung von Quantentechnologien, um Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft bei der effektiven Vernetzung zu unterstützen und Wissens-Infrastrukturen zu schaffen. Mit an Bord ist die Fraunhofer-Gesellschaft, die sich von ihrem traditionellen Arbeitspunkt her auf den Technologietransfer in die Industrie konzentriert.

Gemeinsam mit den in NRW ansässigen Fraunhofer-Instituten FHR, IAIS, IMS und SCAI initiiert in diesem Umfeld das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT zusammen mit dem Forschungszentrum Jülich ein Center of Quantum Science and Engineering (CQSE) im Rheinischen Revier. Damit treiben die Partner den Aufbau eines wachstumsstarken Innovationsökosystems für Quantentechnologien vor Ort in NRW voran und bilden in Deutschland eine relevante Säule für die praxisbezogene Forschung und Entwicklung.

Auf internationaler Ebene schlossen sich bereits im Dezember 2021 die Fraunhofer-Gesellschaft und das niederländische Forschungszentrum QuTech mit einem Memorandum of Understanding zu einer engen und langfristigen Kooperation im Bereich Quantennetzwerke zusammen. Im Vorlauf dieser Kooperation erzielten das Fraunhofer ILT und das QuTech einen entscheidenden Erfolg für die Realisierung eines stabilen Quanteninternets – einen Quantenfrequenzkonverter mit einem Weltrekord an Rauscharmut. Dies ermöglicht den effizienten Transfer von Quanteninformationen durch bereits installierte Glasfaserleitungen der Telekommunikationsdienstleister. Eine Voraussetzung für die zügige Vernetzung von Quantencomputern an unterschiedlichen Standorten. Auf dieser Basis plant das Fraunhofer ILT in Aachen den ersten deutschen Quantenknoten in einem länderübergreifenden von QuTech koordinierten Quantennetzwerk, das die Städte Delft, Leiden, Den Haag und Amsterdam einschließt. 

Quantentechnologien bieten ein enormes Potenzial für die Entwicklung disruptiver Anwendungen in Bereichen wie der Bildgebung, Messtechnik, Kommunikation und beim Computing. Mit internationalen Partnern aus Forschung und Industrie entwickelt das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT laserbasierte Lösungen für die Umsetzung und Anwendung der Quantentechnologien 2.0, bei denen die Quanteneigenschaften mikroskopischer Systeme und einzelner Teilchen kontrolliert eingestellt, verändert und detektiert werden können.

Der Präzisions-Werkzeugkasten von Wissenschaft und Industrie kann mit dem Einsatz von Quantentechnologien der zweiten Generation um völlig neue Möglichkeiten erweitert werden. Erste Umsetzungen in der sicheren Kommunikation, der hochsensitiven Messtechnik oder bei komplexen Computing-Aufgaben wie in Chemie, Medizin, Klimaforschung oder Logistik verdeutlichen schon heute das disruptive Potenzial zukünftiger Anwendungen und begründen beeindruckende Marktprognosen anerkannter Wirtschaftsexperten, sowie Milliarden-Investments von Tech-Konzernen und starke öffentliche Förderprogramme der führenden Volkswirtschaften. Prof. Constantin Häfner, Leiter des Fraunhofer ILT, bringt die Zielrichtung der weiteren Aktivitäten auf den Punkt: »Um in Europa die disruptiven Anwendungen der Quantentechnologien langzeitig zu erschließen, müssen wir jetzt Hand-in-Hand diese sukzessive zu marktreifen Anwendungen entwickeln und das Know-how hier verankern.«

Photonik für die Quantentechnologien 2.0

Die Photonik ist ein Schlüssel für Anwendungen auf quantentechnologischer Basis. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer ILT erforschen, wie sich mikroskopisch beschränkte Systeme mit dem »Werkzeug Licht« beherrschen und Quantensysteme kontrolliert zugänglich machen lassen. Es geht dabei um die praktische Nutzung der Eigenschaften einzelner Photonen, Elektronen oder Atome sowie von Quanteneffekten wie der Superposition von Zuständen und der Verschränkung für neuartige Anwendungen.

Einzelne Photonen lassen sich beispielsweise nutzen, um Quanteninformationen gezielt zu übertragen und Quantenprozessoren an verschiedenen Orten miteinander zu verbinden. Photonen sind im Gegensatz zu anderen Quantensystemen nicht nur bei kryogenen Umgebungsbedingungen stabil und lassen sich über größere Entfernungen übertragen, ohne dass relevante Quanteninformationen verloren gehen. Laser können darüber hinaus den Zustand verschiedener Quantensysteme kontrollieren und auslesen. Auch die Herstellung von Komponenten der Quantentechnologie wie beispielsweise Ionenfallen oder mikrooptische Systeme wird durch Lasertechnik ermöglicht.

Parametrische Quelle für verschränkte Photonen.
© Fraunhofer ILT, Aachen / Volker Lannert.
Parametrische Quelle für verschränkte Photonen.

Fraunhofer ILT initiiert strategische Initiativen

Mit seiner Expertise in der Lasertechnik und weiteren optischen Technologien bringt sich das Fraunhofer ILT thematisch breit aufgestellt ein, um gemeinsam mit deutschen und internationalen Partnern eine umfassende wissenschaftliche Zusammenarbeit voranzutreiben, herausragende FuE-Ergebnisse zu erzielen und neue Anwendungsbereiche für Quantentechnologien zu erschließen. »Bei der Umsetzung und Nutzung der Quantentechnologien wollen wir international eine führende Rolle spielen«, so Prof. Constantin Häfner. Neben der Forschung stehen hierbei die Aus- und Fortbildung sowie der Transfer qualifizierter Quantentechnologieexperten in die Industrie im Fokus der Bemühungen. Hier spielt die Nähe zur RWTH Aachen University sowie dem Forschungszentrum Jülich eine entscheidende Rolle. Mit seinen Partnern initiiert das Fraunhofer ILT gezielt strategische Allianzen und Forschungscluster in und außerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft, um den Weg für ein wachstumsstarkes Innovationsökosystem für Quantentechnologien in NRW zu öffnen. Dies schließt neben der Verankerung vor Ort von internationalen Key-playern in Sachen Quantentechnologien auch die Gründung von Unternehmen als Spin-offs der großen Forschungsakteure ein. 

Diese Aktivitäten leisten einen signifikanten Beitrag zum landesweiten Kompetenznetzwerk EIN Quantum NRW, für das am 7. März 2022 der Startschuss fiel. Darin bündeln führende Universitäten und Forschungseinrichtungen des Landes ihre exzellente Expertise zur Erforschung und Umsetzung von Quantentechnologien, um Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft bei der effektiven Vernetzung zu unterstützen und Infrastrukturen für den Wissens- und Technologietransfer zu schaffen.

Center of Quantum Science and Engineering CQSE: Innovationsökosystem für Quantentechnologien im Rheinischen Revier

Gemeinsam mit Spitzenforschern und Unternehmen entwickeln die Fraunhofer-Institute in NRW (ILT, FHR, IAIS, IMS, SCAI) Lösungen für die Umsetzung und Anwendung der Quantentechnologien von Kommunikation über Computing bis hin zu Imaging und Sensorik. Das Augenmerk liegt darauf, früh den Brückenschlag zwischen exzellenter Grundlagenforschung und Unternehmen herzustellen und so ein wachstumsstarkes Innovationsökosystem für Quantentechnologien zu entwickeln. Entsprechend ist Fraunhofer gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich die treibende Kraft bei der Umsetzung eines Center of Quantum Science and Engineering (CQSE) im Rheinischen Revier. Fraunhofer ist auf anwendungsorientierte Forschung im direkten Kontakt mit industriellen Kunden spezialisiert und für seinen Gründer-Spirit berühmt. So hat allein das Fraunhofer ILT in Aachen in 30 Jahren mehr als 40 KMU ausgegründet. In die Entwicklung der Quantentechnologie bringen die Fraunhofer-Institute ein breites Portfolio von Spitzentechnologien ein, das von der Lasertechnik über Halbleiter-, Mikrowellen- und Kryotechnologie bis hin zum Hochleistungscomputing reicht und die industrielle Umsetzung und Anwendung häufig überhaupt erst ermöglicht. Gerade in NRW profitieren Anwender aus den Bereichen Chemie, Medizin, Pharmaindustrie, Logistik und Produktion von den neuen Möglichkeiten großer Rechenzentren zur Modellierung und Simulation. Hier ist die Nähe zu Know-how-Zentren mit unterstützender Expertise in Sachen Quantencomputing von relevanter Bedeutung im internationalen Wettbewerb. 

Auf dem Weg zum Quanteninternet: Enge Kooperation von Fraunhofer und QuTech

Um sich im internationalen Wettbewerb – insbesondere gegenüber USA und China – in Sachen Quantentechnologien gut zu positionieren, sind große gemeinsame und transnationale Anstrengungen der europäischen Wissenschaft, Industrie und Gesellschaft notwendig. In einer langfristig angelegten Partnerschaft arbeiten daher die Fraunhofer-Gesellschaft und das QuTech – eine Kollaboration der TU Delft und der Niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung TNO – bei der Entwicklung des Quanteninternets und beim Wissenstransfer eng zusammen.

So haben QuTech und Fraunhofer mit einem Memorandum of Understanding im Dezember 2021 vereinbart, künftig bei der Errichtung von komplexen Quantennetzwerken grenzüberschreitend zusammenzuarbeiten. Prof. Constantin Häfner gibt einen vielversprechenden Ausblick: »Wir planen die Installation des ersten deutschen Quantenknotens eines länderübergreifenden Quantennetzwerks am Fraunhofer ILT in Aachen und wollen damit den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort NRW auf dem Gebiet der Quantentechnologien weiter stärken.«

Laborprototyp für einen rauscharmen Quantenfrequenzkonverter.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Mit dem QuTech entwickelt das Fraunhofer ILT u. a. Schlüsselkomponenten für das Quanteninternet (hier gezeigt: Quantenfrequenzkonverter im Labor).

Im Vorfeld dieser Kooperation haben QuTech und das Fraunhofer ILT einen entscheidenden Erfolg für die Realisierung von Quantennetzwerken erzielt – einen Quantenfrequenzkonverter mit einem Weltrekord an Rauscharmut und perspektivisch auch hinsichtlich Signal-zu-Rausch-Verhältnissen. Dies ermöglicht eine effiziente Übertragung von verschränkten Einzelphotonen durch bereits installierte Glasfaserleitungen der Telekommunikationsdienstleister. Bei dem Konverter handelt es sich um eine Schlüsselkomponente für die Demonstration des ersten vollständig verschränkungsbasierten Quanteninternets am QuTech, für das demnächst Qubits in Delft, Leiden, Den Haag und Amsterdam mit Glasfasern verbunden werden.

Der AKL’22 – International Laser Technology Congress findet vom 4. bis zum 6. Mai 2022 in Aachen statt.

Photonische Quantentechnologien auf dem International Laser Technology Congress AKL´22

Ergebnisse aus der Quantenforschung, Potenziale neuer Quantentechnologien und aktuelle Ansätze für industrielle Anwendungen stehen im Mittelpunkt des neuen Fachforums »Quantentechnologie & Photonik« auf dem kommenden AKL’22 – International Laser Technology Congress, der vom Fraunhofer ILT in Aachen veranstaltet wird. Am Mittwoch 4. Mai 2022 versammeln sich Quantentechnologie-Experten und Interessenten aus Industrie und Wissenschaft auf dem AKL´22, um mit den Referenten renommierter Institutionen die aktuellen photonischen Entwicklungen aus den Bereichen Quantencomputing, -sensorik, und -kommunikation zu sondieren.

AKL´22: Forum »Quantentechnologie & Photonik«

Weitere Informationen zum Fachforum auf dem AKL’22 – International Laser Technology Congress in Aachen

Kompetenznetzwerk »EIN Quantum NRW«

Pressemeldung des Forschungszentrums Jülich vom 7. März 2022

Quantentechnologien am Fraunhofer ILT

Weitere Informationen zu Quantentechnologien am Fraunhofer ILT