Künstliche Intelligenz in der Lasermaterialbearbeitung

Broschüre »Künstliche Intelligenz in der Lasermaterialbearbeitung«

Die zunehmende Vernetzung und Digitalisierung von Maschinen- und Produktionslinien im Rahmen der Industrie 4.0 führt zu einer signifikanten Erhöhung der produktbezogenen Datenmengen mit enormem Potenzial für die Qualitätssicherung und Optimierung von Produktionsprozessen. Die Nutzbarmachung dieses Potenzials mithilfe von Algorithmen aus dem Bereich des maschinellen Lernens ist ein Ziel von Forschung und Entwicklung im Bereich Prozesssensorik am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT.

KI-basierte Qualitätsüberwachung in Echtzeit

Abhängig von der Anwendung und dem Bearbeitungsprozess können unterschiedliche Sensoren, Signale und Datenströme für die Entwicklung einer echtzeitfähigen, KI-basierten Qualitätsüberwachung verwendet werden. Die in-situ-Prozessbeobachtung mittels Hochgeschwindigkeits-Wärmebildgebung erlaubt beispielsweise die detaillierte Erfassung der Wechselwirkungszone eines Laserschweißprozesses. In Kombination mit Methoden des maschinellen Lernens (ML) ergibt sich die Möglichkeit zur Identifi zierung unterschiedlicher Nahtimperfektionen und Prozessabweichungen.

Für die Entwicklung applikationsspezifischer KI-Lösungen, steht den Experten am Fraunhofer ILT ein eigens entwickeltes Softwaremodul zur Verfügung. Dieses Werkzeug ermöglicht unter anderem die Berechnung und Bewertung unterschiedlicher Signal- und Bildmerkmale, die anschließend zu einem ganzheitlichen Prozessfingerabdruck zusammengeführt werden. In einem weiteren Schritt lässt sich eine Qualitätsbewertung des Prozessergebnisses durchführen, um daraus sorgfältig aufbereitete Beispieldatensätze zu generieren.

Abhängig vom jeweiligen Anwendungsfall kommen unterschiedliche ML-Algorithmen zum Einsatz um Prozessimperfektionen wie Oberflächenporen, Nahteinfall, mangelnde Anbindung sowie Abweichungen der Nahtgeometrie anhand des jeweiligen spezifischen Fingerabdrucks voneinander zu unterscheiden.

Neben Algorithmen aus dem Bereich des klassischen maschinellen Lernens kommen Deep Learning-Ansätze wie z. B. Convolutional Neural Networks (CNN) am Fraunhofer ILT zum Einsatz, um eine lokale Schweißnahtqualitätsbewertung basierend auf Rohbilddaten durchzuführen. Dies hat den Vorteil einer höheren Flexibilität und Skalierbarkeit der KI-Lösung, da hier beispielsweise auf aufwendige FPGA-Implementierungen der Bildverarbeitungsschritte verzichtet werden kann. Die Erkennungsleistung solcher Ende-zu-Ende-Lösungen ist zudem häufig höher als bei konventionellen ML-Ansätzen, sodass sich hohe Fehlererkennungsraten bei gleichzeitig niedrigen Falschalarmraten erzielen lassen. Die trainierten neuronalen Netze können nach entsprechender Laufzeitoptimierung auf handelsüblichen GPUs mit über 1000 Bildern pro Sekunde bei geringer Latenz ausgeführt werden und eignen sich damit für die Echtzeitqualitätsüberwachung in der Lasermaterialbearbeitung.

Prozessoptimierung mit KI

KI kann neben der Mustererkennung einen weiteren Beitrag zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und Qualität von Lasermaterialbearbeitungsprozessen leisten. Es zeigt sich in der Praxis immer wieder, dass es durch unterschiedliche Einflussgrößen zu ungewollten Abweichungen des geplanten Bearbeitungsprozesses kommt. Für einen Ausgleich solcher Prozessabweichungen sind herkömmliche Regelsysteme aufgrund der während der Designphase getroffenen Annahmen häufig ungeeignet, um die komplexen Wechselwirkungsmechanismen in der Lasermaterialbearbeitung abzubilden. Abhilfe können Verfahren des maschinellen Lernens schaffen, indem beispielsweise ein Software-Agent basierend auf realen Messdaten oder simulativ generierten Daten eine optimale Strategie zur Erfüllung der definierten Prozessziele erlernt.

Am Fraunhofer ILT wurde dazu für das Laser Powder Bed Fusion (LPBF) eine KI-basierte Lösung entwickelt, die in einem ersten Schritt schichtweise die Oberflächenrauheit von LPBF-Bauteilen anhand entsprechender Kamerabilder bewertet. In einem weiteren Schritt werden Verfahren aus dem Bereich Reinforcement Learning (RL) eingesetzt, um eine optimale Strategie hinsichtlich der einzustellenden Prozessparameter für die nächste Bauteilschicht zu erlernen. Anhand der Oberflächenbilddaten erlernt der Software-Agent die situationsangepasste Auswahl von Prozessparametern, die eine möglichst geringe Oberflächenrauheit sowie eine geringe Anzahl an Oberflächendefekten zur Folge haben. Diese Lösung erlaubt eine automatische und kontinuierliche Adaption der erlernten Strategie an neue Prozesssituationen und Zielgrößen.

Das Verfahren ist grundsätzlich auf andere Bearbeitungsprozesse übertragbar und kann auch zur multikriteriellen Optimierung, sowie zur Echtzeit-Regelung eines Prozesses eingesetzt werden.

Vorteile von KI für Ihre Anwendung

Die bestehenden Lösungen können aufgrund ihrer offenen Softwarearchitektur flexibel an individuelle Kundenanforderungen angepasst werden. Am Fraunhofer ILT steht neben GPUs und FPGAs in Form eingebetteter Systeme auch eine NVIDIA DGX-Station mit einer Leistung von 480 TFLOPS zur Analyse großer Datenmengen und für die Entwicklung von KI-Lösungen zur Verfügung.

Die Vorteile auf einen Blick

  • Nutzung von Einsparpotenzial durch optimierte Prozessparameter
  • Nutzbarmachung unterschiedlicher mehrdimensionaler Datenströme aus der Produktion
  • Einsparung kostenintensiver nachgelagerter Qualitätssicherungsprozesse
  • Schnelle Adaption des Systems bei geänderten Randbedingungen durch automatisierbares Re-Training
  • Generierung von Prozesswissen durch Aufdeckung komplexer Zusammenhänge und Muster