Wie das Fraunhofer ILT mit Synchrotronstrahlung Industrieprozesse transformiert
Im interdisziplinären »Laser Meets Synchrotron« Team am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg arbeiten das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT und der RWTH Aachen – Lehrstuhl für Lasertechnik eng zusammen; sie forschen an grundlegenden wissenschaftlichen Fragen, aus denen industrielle Innovationen entstehen. Zu dem Konsortium gehören neben den beiden Partnern die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die Universität Stuttgart, die Technische Universität Ilmenau sowie die Technische Universität Wien.
Projektleiter Christoph Spurk von der RWTH Aachen koordiniert den Transport sowie den Aufbau der Anlagen, Laser und optischen Komponenten und verteilt die Aufgaben an Spezialistinnen und Spezialisten aus den Bereichen Physik, IT, Materialwissenschaft und Maschinenbau. Das Forschungsteam rotiert im Drei-Schicht-Betrieb 24/7 und führt in sieben Tagen insgesamt 700 verschiedene Experimente durch. Diese durchdringen industrielle Laserprozesse wie das Schweißen, Bohren und Schneiden mit dem Ziel, Materialeigenschaften und -verhalten besser zu verstehen und schließlich Prozesse zu optimieren. »Mit der Synchrotronstrahlung können wir im DESY realistische Laserprozesse in Echtzeit visualisieren, Dampfkapillaren, Schmelzebewegungen oder die Entstehung von Poren beobachten«, erläutert Spurk.
Präzision in Echtzeit: Optimierte Laserprozesse für Industrie und Forschung
Die Forschungsergebnisse zeigen, dass durch gezielte Anpassung der Lasereinstellungen eine signifikante Reduktion von Spannungsrissen möglich ist, Porösität minimiert und die elektrische Leitfähigkeit erhöht werden kann. Dampfkapillaren und Schmelzebewegungen, die oft zu Defekten führen, wurden erstmals hochauflösend visualisiert, was eine Optimierung der Schweißprozesse für Hochleistungsbatterien ermöglicht.
Mit ihrer herausragenden Brillanz und Intensität ermöglicht Synchrotronstrahlung Untersuchungen mit einer Auflösung im Mikro- und sogar Nanometerbereich, Einblicke in feinste Materialstrukturen und dynamische Prozesse. Optiksysteme fokussieren die Laserstrahlung gezielt auf die Materialien; für die Visualisierung kommen Hochgeschwindigkeitskameras zum Einsatz, die Bildraten von bis zu 50.000 Frames pro Sekunde erreichen – Spurk und sein Team arbeiten schon an einem System, das in Zukunft 200.000 Hz erreichen soll. Zur Visualisierung des Phasenkontrasts verwendet das Team Szintillatoren, die Röntgenstrahlung in sichtbares Licht umwandeln. Ist der Kontrast immer noch zu gering, geben die Forschenden Wolfram- oder Wolfram-Karbid-Partikel ins Material. Die Partikel sind in den Aufnahmen als schwarze Punkte zu sehen und geben Aufschluss über die Schmelzebewegung.
Im Automobilsektor, der Luftfahrt, der Wasserstofftechnik oder der Mikroelektronik beispielsweise ist das fehlerfreie Schweißen von Kupferverbindungen oder Aluminiumverbindungen essenziell, dies gilt auch für Metall- und Kunststoffverbindungen. Erst durch die Echtzeitvisualisierung lassen sich kleinste Materialdefekte identifizieren, die mit konventionellen Methoden nicht sichtbar wären.