Moderne Oberflächenbehandlungsprozesse bieten die Möglichkeit, Materialeigenschaften präzise einzustellen. So lässt sich beispielsweise der Reibungskoeffizient über einen breiten Bereich verändern; Flächen lassen sich hydrophob oder hydrophil und sogar antibakteriell funktionalisieren.
Die Herstellung solcher Mikrostrukturen ist jedoch häufig problematisch. Da beim UKP-Laserabtrag ein einzelner kleiner Laserspot über die gesamte Oberfläche geführt wird, ist das Verfahren bei großen Flächen sehr zeitaufwändig. Beim nasschemischen Ätzen entstehen nicht nur gesundheits- und umweltkritische Abfälle, das Verfahren ist zudem unflexibel, weil es Masken benötigt. Auch die Funkenerosion (Electrical Discharge Machining, EDM) hat ihre Nachteile: Sie verbraucht viel Energie, erzeugt giftige Schlämme und liefert nur zufällige, stochastische Mikrostrukturen. Anders als beim Laserprozess lassen sich die Oberflächeneigenschaften damit nicht gezielt auf nachfolgende Prozessschritte abstimmen.
»Mit dem Verfahren des optischen Stempelns lässt sich dieses Problem umgehen«, erklärt Sönke Vogel, aus der Gruppe Mikro- und Nanostrukturierung am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT. Vogel und sein Team formen den Strahl eines Ultrakurzpulslasers (UKP-Lasers) mithilfe eines Spatial Light Modulators (SLM) exakt in das gewünschte Muster und bringen es in einem einzigen Arbeitsschritt auf die Werkstückoberfläche. »So entstehen Mikrostrukturen präzise, reproduzierbar und in einem Bruchteil der bisherigen Zeit bei deutlich geringerem Verschleiß im Vergleich zu mechanischen Verfahren und ohne Umrüsten der Optik.«
Beim optischen Stempeln wird der Laserstrahl nicht wie üblich durch Scannerspiegel vektorbasiert über die Oberfläche geführt, sondern in einem einzigen Schritt in das gewünschte Strukturmuster geformt und direkt auf das Werkstück übertragen. Kernstück bildet ein SLM mit LCoS-Technologie (Liquid Crystal on Silicon). Dieses reflektive Flüssigkristalldisplay verändert pixelgenau den lokalen Brechungsindex und moduliert so die Phasenfront des einfallenden Laserlichts. Aus einem zunächst runden Strahl entsteht so ein komplexes, frei wählbares Intensitätsprofil.
Paul Buske, Computational Optics an der RWTH Aachen University - Lehrstuhl für Technologie Optischer Systeme TOS, entwickelt die Phasenmasken für den SLM und setzt dabei auf optische neuronale Netze. Jede Phasenmaske entspricht einer optisch realisierten Ebene, und mit Methoden der Wellenoptik werden die Verknüpfungen zwischen diesen Ebenen berechnet. So entstehen Phasenmasken für nahezu jedes gewünschte Strahlprofil schnell und präzise. »Optische neuronale Netze ermöglichen dank etablierter KI-Trainingsmethoden eine bisher unerreichte Flexibilität in der Strahlformung«, erklärt Buske.
Im Unterschied zu fest eingebauten Strahlformungsoptiken erlaubt dieser Ansatz eine flexible Anpassung des Musters per Software ohne mechanische Änderungen. »Mustergrößen und Geometrien lassen sich variieren, erweitern oder komplett austauschen«, so Vogel weiter. UKP-Laser mit Pulsdauern im Piko- und Femtosekundenbereich tragen Material hochpräzise ab und minimieren zugleich thermische Effekte. Für die Industrie bedeutet das: deterministische Mikrostrukturen mit exakt reproduzierbarer Geometrie, deutlich verkürzte Bearbeitungszeiten und die Möglichkeit, Strukturen an spezifische Anforderungen einzelner Bauteile oder Folgeprozesse anzupassen.